Vorsorge, Prävention

Zyklusbasiertes Training - bessere Ergebnisse für Profi- und Freizeitsportlerinnen

Die 9. Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen, die derzeit in Australien und Neuseeland stattfindet, ist eines der großen Sportereignisse dieses Jahres. Top-Spielerinnen wie Lucy Bronze begeistern nicht nur durch ihre sportlichen Leistungen, sondern steigern auch das Bewusstsein für ein wichtiges Thema: den weiblichen Zyklus und die Auswirkungen auf die sportliche Leistungsfähigkeit. Auch andere Profisportlerinnen reden mittlerweile öffentlich darüber, wie ihr Zyklus ihr Training beeinflusst. In unserem Beitrag erfahren Sie mehr zum zyklusbasierten Training und dessen Vorteile für Profi- und Freizeitsportlerinnen.

 

Top-Sportlerinnen steigern Bewusstsein für zyklusbasiertes Training

Die englische Nationalspielerin Lucy Bronze vom FC Barcelona erklärte bereits 2021, dass es von großer Wichtigkeit sei, den eigenen Menstruationszyklus zu kennen und das Training auf ihn auszurichten. Der Nachrichtenagentur PA sagte sie damals, dass man durch ein besseres Verständnis der Zyklusphasen das Training besser planen sowie die Ernährung und Erholphasen anpassen könne, um eine maximale Leistungsfähigkeit zu erzielen. Ausschlaggebend für das gesteigerte Bewusstsein für dieses Thema sei die damals neue Leistungstrainerin Dawn Scott gewesen, die vorher bereits mit dem US-Team zyklusbasiert trainiert hatte. Sie wiederum nutzte u.a. die Erkenntnisse von Georgie Bruinvels, einer ehemaligen Leichtathletin und Schöpferin der App FitrWoman, die den Menstruationszyklus in 4 Phasen einteilt und für jede Phase spezifische Empfehlungen ausspricht. Auch in Portugal trainieren die Nationalfußballerinnen seit einiger Zeit mithilfe der Sportmedizinerin Rita Tomás zyklusbasiert, ebenso die Spielerinnen des FC Chelsea. Auch in anderen Sportarten setzen Athletinnen vermehrt auf zyklusbasiertes Training, wie etwa die Triathletin und Ironman-Siegerin Laura Philipp, Leichtathletin Malaika Mihambo und die Biathletin und Skilangläuferin Denise Herrmann-Wick. 

 

Zyklusbasiertes Training für mehr Leistungsfähigkeit

Der Zyklus beginnt per Definition am ersten Tag der Blutung mit der Follikelphase. Während der Menstruation sind die Spiegel an Östrogen und Progesteron verringert. Nach Ende der Menstruation beginnt der zweite Teil der Follikelphase, in der die Reifung der Eizellen stattfindet und der mit dem Eisprung endet. Diese Phase ist durch einen Anstieg an Östrogen bis wenige Tage vor dem Eisprung gekennzeichnet. Um den Eisprung herum steigen die Spiegel an Estradiol, Follikel-stimulierendem Hormon (FSH) und Luteinisierendem Hormon (LH) stark an. Nach dem Eisprung beginnt die Lutealphase mit abfallenden Östrogen- und steigenden Progesteronwerten, an deren Ende die nächste Menstruation beginnt (siehe Abbildung 1). 

Einige Frauen erleben während der Menstruation Beschwerden wie Schmerzen, Wassereinlagerungen und Müdigkeit. Prof. Jana Strahler vom Institut für Sport und Sportwissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg empfiehlt insbesondere in dieser Phase ein angepasstes, für jede Frau nach eigenem Empfinden angenehmes, Training. In der zweiten Hälfte der Follikelphase sorgen die steigenden Östrogenspiegel für mehr Muskelkraft und eine bessere Verfügbarkeit von Serotonin; ein intensives Training ist dann möglich. Durch die hohen Östrogenspiegel steigt jedoch potenziell die Verletzungsgefahr: Ein systematisches Review-Paper von Herzberg et al. aus dem Jahr 2017 beschreibt eine erhöhte Gefahr von Verletzungen des vorderen Kreuzbandes rund um den Eisprung - dies ist laut Prof. Strahler insbesondere bei komplexen Bewegungsabläufen der Fall. Die steigenden Spiegel an Progesteron nach dem Eisprung wirken stabilisierend auf das Gewebe, aber hemmend auf das Nervensystem. In dieser Phase empfiehlt Prof. Strahler deshalb ein erhaltendes Training mit Ausdauer- und Krafteinheiten. Kurz vor der Menstruation spüren einige Frauen den Anstieg des Cortisols durch Stressreaktionen; ein negativer Effekt auf die Leistungsfähigkeit ist dann möglich. 
Den eigenen Zyklus zu kennen und ggf. zu tracken, bietet sich auch für Freizeitsportlerinnen an, so Prof. Strahler. Ein bewusster Umgang mit dem Zyklus kann auch für sie leistungssteigernd sein und Frustration vorbeugen, wenn das Training nicht so gelingt wie geplant. 

 

Fazit 

Das Bewusstsein für zyklusbasiertes Training steigt seit einigen Jahren deutlich, da immer mehr Top-Athletinnen sich dazu bekennen und öffentlich darüber sprechen. Für alle Sportlerinnen, egal ob Leistungs- oder Freizeitsportlerin, ist es sinnvoll, den eigenen Zyklus zu kennen und sich über die unterschiedliche Leistungsfähigkeit durch die Wirkung der Hormone bewusst zu werden. Ein zyklusbasiertes Training sollte immer individuell auf jede Sportlerin zugeschnitten sein unter Berücksichtigung der Leistungspeaks, meist in der Mitte des Zyklus, und der Leistungsabfälle insbesondere während der Menstruation. 

 

Referenzen

 

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Dr. med. Thilo Schill
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